EU Listing Act on the way

Am 7. Dezember 2022 präsentierte die Europäische Kommission die mit Spannung erwarteten Entwürfe für einen EU Listing Act. Sie bestehen aus Vorschlägen für zwei Richtlinien und eine Verordnung zur Änderung verschiedener europäischer kapitalmarktrechtlicher Rechtsakte (COM(2022) 760, COM(2022) 761, COM(2022) 762).

 

Ausgewählte Highlights:

 

Prospektverordnung

Es sind verschiedene Änderungen der ProspVO vorgesehen, die darauf abzielen, die Prospekterstellung für Emittenten einfacher und kostengünstiger zu gestalten und gleichzeitig einen hinreichenden Anlegerschutz zu gewährleisten. Dazu gehören u.a. neue Ausnahmen, ein stärker standardisierter und gestraffter Prospekt für Erstemissionen, ein neuer „EU Follow-on prospectus“ und ein „EU Growth issuance document“ (das den bisherigen EU-Wachstumsprospekt ersetzt).

 

Market Abuse Regulation (MAR)

Wesentliche Änderungen sind auch für die MAR vorgesehen. Hervorzuheben ist insbesondere, dass im Falle von Zwischenschritten in einem zeitlich gestreckten Vorgang keine Ad-hoc-Publizitätspflicht mehr bestehen soll. Dies stellt einen grundlegenden Paradigmenwechsel dar: Ad-hoc-Publizität und Insiderrecht, die bislang streng parallel liefen, laufen nun insoweit auseinander. Das Insiderhandelsverbot wird nämlich weiterhin auch durch Zwischenschritte in einem zeitlich gestreckten Vorgang ausgelöst.

Zudem wird die Kommission im Interesse der Rechtsklarheit ermächtigt, einen delegierten Rechtsakt zu erlassen, der eine nicht erschöpfende Liste relevanter Informationen enthält und für jede Information den Zeitpunkt festlegt, zu dem vernünftigerweise erwartet werden kann, dass der Emittent sie offenlegt. Außerdem werden die Kriterien für den Aufschub der Offenlegung von Insiderinformationen präzisiert.

Ferner wird die Schwelle für directors‘ dealings von 5.000 € auf 20.000 € angehoben.

 

MiFID II

Zu den Änderungen an der MiFID II gehören eine Reform der „unbundling rules“ für Investmentanalysen und Änderungen des Rechtsrahmens für KMU-Wachstumsmärkte.

 

Aufhebung der Listing Directive

Die Listing Directive, eines der „Urgesteine“ des Europäischen Kapitalmarktrechts, soll aufgehoben werden. Die wenigen noch als relevant erachteten Bestimmungen (vorhersehbare Marktkapitalisierung, Mindestanforderungen an den Streubesitz, Anforderungen an die Veröffentlichung des Jahresabschlusses) sollen – in modifizierter Form – in die MiFID II übernommen werden.

 

Mehrstimmrechte

 

In Bezug auf die kontrovers diskutierte Frage von Mehrstimmrechten hat sich der Listing Act letztlich gegen eine übergreifende Regelung und für eine bloße Mindestharmonisierung entschieden: Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, allen Unternehmen, die zum ersten Mal eine Zulassung zum Handel ihrer Aktien auf einem KMU-Wachstumsmarkt anstreben, Mehrstimmrechte zu erlauben. Damit verbunden sind Maßnahmen zum Schutz der Minderheitsaktionäre und der Interessen der Gesellschaft (u.a. eine qualifizierte Mehrheit für die Einführung von Mehrstimmrechten und eine Begrenzung des Stimmgewichts). Ob diese neuen Regeln KMU und Start-ups wirklich Anreize geben, an die Börse zu gehen, bleibt abzuwarten.

 

Prof. Dr. Jessica Schmidt, LL.M.

On 7 December 2022, the European Commission presented the highly anticipated proposals for an EU Listing Act. It consists of proposals for two directives and one regulation amending various pieces of EU capital markets legislation (COM(2022) 760COM(2022) 761COM(2022) 762).

 

Selected highlights include:

 

Prospectus Regulation

There are various amendments to the Prospectus Regulation geared at making it easier and cheaper for issuers to draw up a prospectus while at the same time ensuring sufficient investor protection. They include, inter alia, new exemptions, a more standardised and streamlined prospectus for primary issuances, a new EU Follow-on prospectus and an EU Growth issuance document (replacing the EU Growth prospectus).

 

Market Abuse Regulation (MAR)

There are also significant amendments to the Market Abuse Regulation (MAR). Importantly, ad hoc disclosure will no longer be required for intermediate steps in a protracted process. This effectively means a fundamental change in approach: ad hoc disclosure and insider trading law, which have so far run strictly parallel, will be separated in this respect. The prohibition of insider dealing continues to be triggered also by an intermediate step in a protracted process. Moreover, in the interest of legal certainty, the Commission will be empowered to adopt a delegated act setting out a non-exhaustive list of relevant information and, for each information, the moment when the issuer can be reasonably expected to disclose it. Furthermore, the criteria to delay disclosure are specified.

In addition, the threshold for directors’ dealings is raised from 5000 € to 20000 €.

 

MiFID II

Amendments to MiFID II include a reform of the “unbundling rules” for investment research and modifications of the legislative framework governing SME growth markets.

 

Repeal of the Listing Directive

The Listing Directive, one of the original „bedrocks“ of European capital markets law, will be repealed. The few provisions of it which are still considered relevant (foreseeable market capitalisation, minimum free float requirements, requirements regarding the publication of the company’s annual accounts) will be transferred – in modified form – to MiFID II.

 

Multiple voting shares

As regards the controversial question of multiple voting rights, the Listing Act ultimately decided against a general rule and instead opted for a minimum harmonisation, requiring Member States to allow multiple-vote share structures for all companies seeking admission to trading of their shares on an SME growth market for the first time. This is coupled with safeguards to ensure protection of minority shareholders and the interests of the company (including a qualified majority for the introduction and a limitation on the voting weight). Whether these new rules will really incentivise SMEs and start-ups to go public remains to be seen.